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01001 Ein Überblick zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Der European Green Deal und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) heben die für viele Unternehmen verpflichtend werdende Nachhaltigkeitsberichterstattung auf ein neues Niveau. Die CSRD und die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) erweitern die Berichtpflichten erheblich und verlangen detaillierte Angaben zu Auswirkungen, Risiken und Chancen in Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen.
Achtung: Dieser Artikel bezieht sich auf das ESRS-Set 1. Sobald die überarbeiteten ESRS in finaler Form verabschiedet sind, wird der Text erneut angepasst.
von:
Schnelleinstieg ins Thema
Abschnitt
Um was geht es?
Relevanz der Berichtspflicht für Unternehmen (s. Abschn. 1)
Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung: Vom freiwilligen Ansatz zur regulatorischen Pflicht. Wie der European Green Deal Transparenz und Verantwortlichkeit erhöht. Erweiterte Verantwortlichkeiten des Managements.
CSRD und ESRS (s. Abschn. 2)
CSRD: Ausweitung der Berichtspflichten zu Umwelt- und Gesellschaftsauswirkungen. ESRS: Technische Details zur Umsetzung. EFRAG: Entwicklung der ESRS in Zusammenarbeit mit Stakeholdern, um ambitionierte und praktikable Standards zu schaffen.
Projektstart (s. Abschn. 3)
Wichtige Maßnahmen für einen erfolgreichen Start eines Nachhaltigkeitsberichterstattungsprojekts.
Bestandsaufnahme (s. Abschn. 4)
Systematische Ermittlung des aktuellen Status quo eines Unternehmens in Bezug auf Nachhaltigkeit als solide Grundlage für die Berichterstattung.
Wesentlichkeitsanalyse (s. Abschn. 5)
Zentrales Element der Nachhaltigkeitsberichterstattung: Identifizierung der wichtigsten Themen für Unternehmen und Stakeholder. Methodik, Durchführung und Dokumentation der Wesentlichkeitsanalyse.
Datenerhebung (s. Abschn. 6)
Systematische Erfassung, Aufbereitung und Qualitätssicherung von Nachhaltigkeitsdaten zur fundierten Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung. 783 verpflichtende Datenpunkte und 269 optionale Angaben.
Berichtsformat (s. Abschn. 7)
Der Bericht muss sowohl menschen- als auch maschinenlesbar sein (Tagging-Fähigkeit).
Ausblick (s. Abschn. 8)
Weiterentwicklung durch regulatorischen Druck, Stakeholder-Interesse und technologischen Fortschritt. Verbesserte Datenerhebung durch Digitalisierung und KI erwartet. Verstärkte Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Finanzberichte.

1 Relevanz der Berichtspflicht für Unternehmen

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer freiwilligen Zusatzleistung fortschrittlicher Unternehmen zu einer regulierten und erwarteten Praxis entwickelt. Dieser Wandel spiegelt ein wachsendes Bewusstsein für die sozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkungen unternehmerischen Handelns wider. Die Berichterstattung über Nachhaltigkeit ist heute nicht mehr nur ein Instrument der Imagepflege, sondern ein integraler Bestandteil der Unternehmensführung und -kommunikation, der die Transparenz erhöht, das Vertrauen der Stakeholder stärkt und die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung schafft.
Im Laufe der Zeit haben verschiedene Initiativen und Richtlinien, wie z. B. die der Global Reporting Initiative (GRI), den Rahmen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung geschaffen und kontinuierlich weiterentwickelt. Diese Richtlinien haben dazu beigetragen, dass Unternehmen weltweit ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft messen, veröffentlichen und verbessern.
European Green Deal
Durch die Initiierung des European Green Deals wurde das Thema der unternehmerischen Nachhaltigkeit auch fest auf Ebene der europäischen Regulierungsbehörden verankert. Der European Green Deal verkörpert ein zentrales Vorhaben der Europäischen Union, mit dem Ziel, Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu transformieren. Er umfasst eine breite Palette an Initiativen, die von der Förderung erneuerbarer Energien bis hin zur nachhaltigen Infrastruktur reichen. Integraler Bestandteil dieser Strategie ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die die Berichtspflichten von Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit erweitert und vertieft. Die CSRD ist damit ein wesentliches Instrument, um die Transparenz und Verantwortlichkeit im Rahmen des European Green Deals zu gewährleisten und die Wirtschaft auf einen nachhaltigen Pfad zu lenken.
Berichtserstattung nach CSRD
Mit der Einführung der CSRD durch die Europäische Union wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung nun auf eine neue Ebene gehoben. Die CSRD erweitert den Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung erheblich und verlangt von Unternehmen, dass sie über ihre Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen sowie über ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt berichten. Als Teil des Lageberichts werden die Nachhaltigkeitsinformationen künftig den finanziellen Offenlegungspflichten gleichgestellt und werden Teil der verpflichtenden Prüfung. Gemeinsam mit den Anforderungen der CSRD müssen Unternehmen auch die Anforderungen der EU-Taxonomie Verordnung umsetzen und in den Lagebericht integrieren. Die CSRD zielt darauf ab, die Vergleichbarkeit, Zuverlässigkeit und Konsistenz der Nachhaltigkeitsinformationen zu verbessern, die von Unternehmen bereitgestellt werden.
ESRS als Rahmenwerk
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ergänzen die CSRD, indem sie einen detaillierten Rahmen für die Berichterstattung vorgeben. Diese Standards sollen sicherstellen, dass die von den Unternehmen bereitgestellten Informationen den Anforderungen der verschiedenen Stakeholder entsprechen und eine fundierte Grundlage für die Beurteilung der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens bieten.
VSME als KMU-Rahmenwerk
Die Voluntary Sustainability Reporting Standards for SMEs (VSME) stellen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ein speziell zugeschnittenes, freiwilliges Rahmenwerk zur Nachhaltigkeitsberichterstattung dar. Der von der EFRAG im Auftrag der EU-Kommission entwickelte VSME-Standard richtet sich primär an KMU, die nicht unter die CSRD-Berichtspflicht fallen, aber dennoch ESG-Informationen für Investoren, Banken oder Geschäftspartner bereitstellen möchten. Zu diesem Zweck reduziert er die Angabenpflichten auf rund 75 praxisnahe Datenpunkte aus Umwelt, Sozialem und Governance und verzichtet auf eine verpflichtende doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Je nach Bedarf können Unternehmen zwischen einem Basismodul mit Mindestanforderungen und einem umfassenderen Zusatzmodul wählen, wodurch auch unterschiedliche Kapazitäten und Informationsbedarfe sinnvoll adressiert werden. Die veröffentlichte Version der VSME finden Sie hier, nähere Informationen zum VSME siehe Kapitel 01003.
Erweiterung der Verantwortlichkeiten
Für Geschäftsführungen, Nachhaltigkeitsverantwortliche und andere Personen in Unternehmen, die sich mit der Implementierung der CSRD auseinandersetzen, bedeutet die Einführung eine signifikante Erweiterung ihrer Verantwortlichkeiten. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Unternehmen nicht nur die rechtlichen Anforderungen erfüllen, sondern auch die Chancen nutzen, die eine transparente und glaubwürdige Nachhaltigkeitsberichterstattung bietet. Diese Berichterstattung umfasst die Entwicklung robuster Systeme zur Datenerfassung, die Durchführung von Wesentlichkeitsanalysen und die Gestaltung von Berichten, die sowohl informativ als auch ansprechend sind.
Ziel dieses einführenden Artikels ist es, die Leserschaft auf eine Reise durch die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung mitzunehmen. Der Beitrag soll das Verständnis für die Bedeutung und die Komplexität des Themas schärfen und die Grundlage für die folgenden Artikel legen, in denen einzelne Aspekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung detailliert erläutert werden.

2 CSRD, ESRS und VSME

Die CSRD ist eine Erweiterung und Verschärfung der bisherigen Non Financial Reporting Directive (NFRD). Die CSRD verpflichtet Unternehmen, über ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft zu berichten und stellt sicher, dass diese Informationen zuverlässig und vergleichbar sind. Die CSRD gibt den rechtlichen Rahmen vor, während die ESRS die technischen Details ausfüllen. Die ESRS sind das Werkzeug, mit dem Unternehmen die Anforderungen der CSRD in die Praxis umsetzen können. Sie wurden von der EU als delegierte Rechtsakte verabschiedet und sind so konzipiert, dass sie die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsinformationen in den Jahresabschluss integrieren.
Rolle der EFRAG
Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ist für die Entwicklung der ESRS verantwortlich und spielt damit eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa. Die Organisation arbeitet mit verschiedenen Stakeholdern zusammen, um sicherzustellen, dass die Standards sowohl ambitioniert als auch praktikabel sind. Neben den Standards selbst veröffentlicht die EFRAG auch immer wieder Materialien zu verschiedenen Themen, wie beispielsweise Umsetzungshilfen für die Wesentlichkeitsanalyse oder Videos zum besseren Verständnis der ESRS. Um kein Update der EFRAG zu verpassen, abonnieren Sie den Newsletter, in dem regelmäßig wertvolle Hinweise für die Nutzer der ESRS gegeben werden.
Hintergrund und Ziele
Hintergrund der CSRD ist die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten für Investoren, Konsumenten, Politik und Gesellschaft. Die Ziele der CSRD sind vielfältig: Sie soll die Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeitsrisiken erhöhen, das Vertrauen in die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen stärken und die Vergleichbarkeit von Daten verbessern. Letztlich soll die CSRD eine nachhaltige Entwicklung fördern und zur Erreichung der Ziele des Europäischen Green Deal und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beitragen.
Entwicklungen 2025
Im April 2025 wurde die sogenannte „Stop-the-Clock”-Richtlinie (2025/794) beschlossen, die für die Unternehmen der zweiten und dritten Welle die erstmalige Pflicht-Berichterstattung verschiebt, um ihnen mehr Vorbereitungszeit zu geben. Daneben werden im Jahr 2025 die ESRS überarbeitet, um auch in Bezug auf die Inhalte der Berichtspflicht Erleichterungen zu schaffen.
Anwendungsbereich und betroffene Unternehmen
Die CSRD gilt für große Unternehmen, die von öffentlichem Interesse sind, einschließlich börsennotierter Unternehmen, Banken und Versicherungsgesellschaften. Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich auf große Unternehmen ausgeweitet, die bestimmte Größenkriterien erfüllen. Mit der Änderungsrichtlinie 2025/794 wurden die Berichtspflichten der zweiten und dritten Welle (große Unternehmen ohne bisherige Berichtspflicht sowie börsennotierte KMU) um zwei Jahre verschoben. Welche Kriterien gelten und ab wann Unternehmen berichtspflichtig sind, zeigt Abbildung 1.
Abb. 1: Anwendungszeitpunkte CSRD und EU-Taxonomie
Umsetzung in nationales Gesetz
Die Mitgliedstaaten der EU sind verpflichtet, die CSRD in nationales Recht umzusetzen. Dieser Prozess erfordert eine sorgfältige Abstimmung, um die Ziele der CSRD zu erreichen und gleichzeitig nationale Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Umsetzung in nationales Recht ist entscheidend für die Wirksamkeit der CSRD und die Einhaltung der Standards durch die Unternehmen. Mit Verabschiedung der Änderungsrichtlinie 2025/794 haben die Mitgliedsstaaten eine Verlängerung der Frist zur Umsetzung in nationales Recht erhalten.
Aktuelle Entwicklungen
Die ESRS befinden sich 2025 in ihrer ersten umfassenden Revision. Am 31.07.2025 hat die EFRAG die überarbeiteten Standards veröffentlicht und zur öffentlichen Konsultation freigegeben. Die entsprechenden Unterlagen sind hier verfügbar.
Die wichtigsten Neuerungen laut EFRAG umfassen:
Wesentlichkeitsanalyse vereinfacht: Einführung eines Top-down-Ansatzes vom Geschäftsmodell aus, weniger Nachweisaufwand bei klarer Relevanz, keine automatische Berichtspflicht für alle Datenpunkte eines Standards.
Struktur & Lesbarkeit verbessert: Optionales Executive Summary, detaillierte Infos in Anhängen, flexiblere Reihenfolge der Angaben.
Pflichtangaben überarbeitet: PAT-Angaben (Policies, Actions, Targets) nur bei tatsächlicher Relevanz, klare Trennung zwischen verpflichtenden und freiwilligen Angaben, „May disclose”-Angaben gestrichen oder deutlich als optional markiert.
Erleichterungen für KMU: Vereinfachungen bei Wertschöpfungsketten, THG-Emissionen und M&A, Berücksichtigung sensibler Daten und fehlender Informationen, Orientierung an IFRS-Erleichterungen.
Internationale Anschlussfähigkeit gestärkt: Harmonisierung mit IFRS S1/S2 und ISSB, einheitliche Begriffe und Berichtsgrenzen zur besseren Vergleichbarkeit.
Durch diese Anpassungen wurde die Anzahl der berichtspflichtigen Datenpunkte bei Wesentlichkeit um 57 % reduziert. Insgesamt sank die Zahl aller verpflichtenden und freiwilligen Angaben sogar um 68 %.
Quick-Fix-Verordnung
Im Rahmen der sogenannten „Quick Fix”-Verordnung soll außerdem festgelegt werden, dass Unternehmen der ersten Welle Erleichterungen erhalten. Wegen der Unsicherheit, die das Omnibus-I-Paket ausgelöst hat, verlängerte und erweiterte die EU Übergangsvorschriften bei einzelnen Angabepflichten für die Berichtsjahre 2025 und 2026. Aktuell (Stand 08/2025) hat die EU-Kommission die Verordnung verabschiedet und sie liegt bei Rat und Parlament zur Prüfung. Aktuelle Punkte zur Anpassung finden Sie in diesem Dokument.
Achtung
Alle folgenden Angaben beziehen sich auf das Set 1 der ESRS. Vorraussichtlich Ende 2025/Anfang 2026 wird es eine überarbeitete Version der ESRS geben.
Einführung in die ESRS
Die ESRS sind ein Set von Standards, die von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt wurden, um die Anforderungen der CSRD zu operationalisieren. Sie bieten einen konkreten Rahmen für die Berichterstattung und sollen sicherstellen, dass die von den Unternehmen bereitgestellten Informationen relevant, zuverlässig und vergleichbar sind. Die ESRS können – auch in deutscher Sprache – auf der Seite EUR-Lex der Europäischen Union heruntergeladen werden.
Die ESRS umfassen zwei themenübergreifende Standards und zehn themenspezifische Standards, die sich in fünf Environment-Standards (E-Standards), vier Social-Standards (S-Standards) und einen Governance-Standard (G-Standard) gliedern. Die E-Standards repräsentieren dabei die sechs Umweltziele der EU, wobei die Ziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel im Standard E1 Klimawandel zusammengefasst wurden.
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