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01101 Die European Sustainability Reporting Standards verstehen

Alle ESRS sind in Aufbau und Struktur ähnlich. Um die einzelnen Standards besser zu verstehen und anwenden zu können, ist es sinnvoll, sich einmal grundlegend mit ihnen zu befassen. Dieser Beitrag hilft Ihnen dabei. Den aktuell gültigen Wortlaut der ESRS finden Sie hier: „Berichtigung der Delegierten Verordnung (EU) 2023/2772
Achtung: Dieser Artikel bezieht sich auf das ESRS-Set 1. Am 10. November 2025 wurde die Delegierte Verordnung (EU) 2025/1416 veröffentlicht – die sogenannte „Quick-Fix”-Verordnung. Die EFRAG hat die Vereinfachungsmaßnahme der ESRS Ende November abgeschlossen und ihren fachlichen Ratschlag zur Überarbeitung der ESRS am 3. Dezember 2025 veröffentlicht. Die Standards reduzieren den Berichtsaufwand erheblich, wobei die Kernziele des EU-Green Deal beibehalten werden. Den Entwurf des vereinfachten ESRS finden Sie unter: Draft Simplified ESRS | EFRAG
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1 Einleitung – Corporate Sustainability Reporting Directive und European Sustainability Reporting Standards

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist eine Erweiterung und Verschärfung der bisherigen Non-Financial Reporting Directive (NFRD). Die CSRD verpflichtet Unternehmen, über ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu berichten und stellt sicher, dass diese Informationen zuverlässig und vergleichbar sind. Die CSRD gibt den rechtlichen Rahmen vor, während die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) die technischen Details regeln. Die ESRS sind das Instrument, mit dem Unternehmen die Anforderungen der CSRD in die Praxis umsetzen können. Sie wurden von der EU als delegierte Rechtsakte erlassen und sind so konzipiert, dass sie die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsinformationen in den Jahresabschluss integrieren.
Abb. 1: Struktur der ESRS
Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ist für die Entwicklung der ESRS verantwortlich und spielt damit eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa. Die Organisation arbeitet mit verschiedenen Stakeholdern zusammen, um sicherzustellen, dass die Standards sowohl anspruchsvoll als auch praktikabel sind. Neben den Standards selbst veröffentlicht EFRAG regelmäßig Materialien zu verschiedenen Themen, wie z. B. Umsetzungshilfen für die Wesentlichkeitsanalyse oder Videos zum besseren Verständnis der ESRS. Um kein Update der EFRAG zu verpassen, abonnieren Sie den Newsletter, in dem immer wieder wertvolle Hinweise für Anwender der ESRS gegeben werden.

1.1 Umsetzung in nationales Gesetz

Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dieser Prozess erfordert eine sorgfältige Abstimmung, um die Ziele der CSRD zu erreichen und gleichzeitig nationale Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Umsetzung in nationales Recht ist entscheidend für die Wirksamkeit der CSRD und die Einhaltung der Standards durch die Unternehmen. Die CSRD wurden als delegierte Rechtsakte verabschiedet und sind daher ohne Umsetzung in nationales Recht gültig.

1.2 Entwicklungen 2025

Im April 2025 wurde die sogenannte „Stop-the-Clock”-Richtlinie (2025/794) beschlossen, die für die Unternehmen der zweiten und dritten Welle die erstmalige Pflicht-Berichterstattung verschiebt, um ihnen mehr Vorbereitungszeit zu geben. Aktuell (Stand 11/2025) gibt es außerdem erneut Diskussionen um einen verminderten Anwendungsbereich der CSRD. Entscheidungen diesbezüglich werden bis Ende 2025 erwartet. Daneben werden im Jahr 2025 die ESRS überarbeitet, um auch in Bezug auf die Inhalte der Berichtspflicht Erleichterungen zu schaffen. Im November 2025 wurde außerdem die sogenannte „Quick-Fix”-Verordnung erlassen, welche im Rahmen des Omnibus-I-Pakets die Übergangserleichterungen der ESRS (ESRS 1 Anlage C, ESRS 2 Absatz 17) verlängert, um Welle-1-Unternehmen für die Geschäftsjahre 2025 und 2026 von zusätzlichen Berichtspflichten zu entlasten.
Die ESRS befinden sich 2025 in ihrer ersten umfassenden Revision. Am 31.07.2025 hat die EFRAG die überarbeiteten Standards veröffentlicht und zur öffentlichen Konsultation freigegeben. Die entsprechenden Unterlagen sind auf der Seite der EFRAG verfügbar.
Die wichtigsten Neuerungen laut EFRAG umfassen:
Wesentlichkeitsanalyse vereinfacht: Einführung eines Top-down-Ansatzes vom Geschäftsmodell aus, weniger Nachweisaufwand bei klarer Relevanz, keine automatische Berichtspflicht für alle Datenpunkte eines Standards.
Struktur & Lesbarkeit verbessert: Optionales Executive Summary, detaillierte Infos in Anhängen, flexiblere Reihenfolge der Angaben.
Pflichtangaben überarbeitet: PAT-Angaben (Policies, Actions, Targets) nur bei tatsächlicher Relevanz, klare Trennung zwischen verpflichtenden und freiwilligen Angaben, „May disclose”-Angaben gestrichen oder deutlich als optional markiert.
Erleichterungen für KMU: Vereinfachungen bei Wertschöpfungsketten, THG-Emissionen und M&A, Berücksichtigung sensibler Daten und fehlender Informationen, Orientierung an IFRS-Erleichterungen.
Internationale Anschlussfähigkeit gestärkt: Harmonisierung mit IFRS S1/S2 und ISSB, einheitliche Begriffe und Berichtsgrenzen zur besseren Vergleichbarkeit.
Durch diese Anpassungen wurde die Anzahl der berichtspflichtigen Datenpunkte bei Wesentlichkeit um 57 % reduziert. Insgesamt sank die Zahl aller verpflichtenden und freiwilligen Angaben sogar um 68 %.

1.3 Einführung in die ESRS

Die ESRS sind eine Reihe von Standards, die von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt wurden, um die Anforderungen der CSRD zu operationalisieren. Sie bieten einen konkreten Rahmen für die Berichterstattung und sollen sicherstellen, dass die von den Unternehmen bereitgestellten Informationen relevant, zuverlässig und vergleichbar sind.
Themenübergreifende und themenspezifische Standards
Die ESRS umfassen zwei themenübergreifende und zehn themenspezifische Standards, die sich in fünf Umweltstandards (E-Standards), vier Sozialstandards (S-Standards) und einen Governance-Standard (G-Standard) untergliedern. Die E-Standards repräsentieren dabei die sechs Umweltziele der EU, wobei die Ziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel im Standard E1 Klimawandel zusammengefasst wurden.

1.4 Zielsetzung und Struktur

Ziel der ESRS ist es, ein einheitliches Format für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen. Sie sind so aufgebaut, dass sie die wesentlichen Aspekte der Nachhaltigkeit abdecken, darunter Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG).
Darüber hinaus verfolgen die ESRS weitere Ziele, die anhand qualitativer Merkmale („Qualitative Characteristics”, QC) in ESRS 1 Anhang B beschrieben sind:
Relevanz: „Nachhaltigkeitsinformationen sind relevant, wenn sie bei Entscheidungen der Nutzer im Rahmen des Ansatzes der doppelten Wesentlichkeit (Kapitel 3 dieses Standards) eine bedeutende Rolle spielen könnten.” (ESRS 1.QC 1)
Wahrheitsgetreue Darstellung: „Um von Nutzen zu sein, müssen die Informationen nicht nur relevante Phänomene darstellen, sondern auch die Substanz der Phänomene, die sie darstellen sollen, wahrheitsgetreu wiedergeben. Eine wahrheitsgetreue Darstellung setzt voraus, dass die Informationen i) vollständig, ii) neutral und iii) korrekt sind.” (ESRS 1.QC 5)
Vergleichbarkeit: „Nachhaltigkeitsinformationen sind vergleichbar, wenn sie mit Informationen verglichen werden können, die das Unternehmen in früheren Berichtszeiträumen bereitgestellt hat, und wenn sie mit Informationen anderer Unternehmen verglichen werden können, insbesondere solchen, die ähnliche Aktivitäten ausüben oder in demselben Wirtschaftszweig tätig sind. Als Vergleichsmaßstab kann ein Ziel, ein Ausgangswert, eine branchenspezifische Benchmark, vergleichbare Informationen von anderen Unternehmen oder von einer international anerkannten Organisation usw. dienen.” (ESRS 1.QC 10)
Überprüfbarkeit: „Überprüfbarkeit trägt dazu bei, dass Nutzer darauf vertrauen können, dass die Informationen vollständig, neutral und genau sind. Nachhaltigkeitsinformationen sind überprüfbar, wenn es möglich ist, diese Informationen selbst oder die Beiträge, die herangezogen wurden, um die Informationen zu erhalten, zu untermauern.” (ESRS 1.QC 13)
Verständlichkeit: „Nachhaltigkeitsinformationen sind verständlich, wenn sie klar und prägnant sind. Die Verständlichkeit ermöglicht es jedem angemessen sachkundigen Nutzer, die übermittelten Informationen leicht nachzuvollziehen.” (ESRS 1.QC 16)
Abb. 2: Ziele der CSRD in Verbindung mit den ESRS
Die Standards sind so konzipiert, dass sie sowohl branchenübergreifende als auch unternehmensspezifische Themen behandeln, um den unterschiedlichen Gegebenheiten in den Unternehmen gerecht zu werden. Von den Unternehmen werden sowohl qualitative als auch quantitative Angaben verlangt.

2 Aufbau der ESRS

Die ESRS sind in sechs Abschnitte unterteilt, die in nahezu allen Standards zu finden sind: Zweck des Standards, Zusammenspiel mit anderen ESRS, Governance, Strategie, Management der Auswirkungen sowie Risiken und Chancen, Kennzahlen und Ziele.
Berichtsbereiche, Angabepflichten und Anwendungsanforderungen
In den Berichtsbereichen Governance, Strategie, Management der Auswirkungen sowie Risiken und Chancen, Kennzahlen und Ziele sind die Angabepflichten (Disclosure Requirements = DR) für die Unternehmen zu finden. Innerhalb dieser Angabepflichten werden die anzugebenden Informationen strukturiert dargestellt. Diese Angabepflichten bestehen aus einem oder mehreren Datenpunkten (DP). Der Begriff „Datenpunkt” kann sich auch auf ein beschreibendes Unterelement einer Angabepflicht beziehen (ESRS 1.16). Neben den rein themenspezifischen Angabepflichten finden sich in den Standards auch Angabepflichten mit Bezug zu ESRS 2.
Abb. 3: Berichterstattungsbereiche der ESRS
Neben dem ähnlichen Aufbau der Abschnitte ist auch der Aufbau der jeweiligen Angabepflichten identisch. Die Angabepflicht beginnt mit der fettgedruckten Überschrift. Danach folgt die allgemeine Erläuterung der Angabepflicht. Im darauffolgenden Absatz wird der Zweck der spezifischen Angabepflicht erläutert, um dann im Detail auf die geforderten Informationen einzugehen.
Abb. 4: Aufbau der Angabepflichten
Der Anhang A enthält immer die Anwendungsanforderungen (Application Requirements = AR). Diese unterstützen die Anwendung der Angabepflichten und haben die gleiche Verbindlichkeit wie die anderen Teile eines ESRS (ESRS 1.17).
Im Folgenden werden die einzelnen Kapitel kurz beschrieben. Die Inhalte unterscheiden sich von Standard zu Standard.

2.1 Ziel des Standards

Zu Beginn jedes Standards wird das Ziel beschrieben. Es ist immer interessant, einen Blick hineinzuwerfen, um die Berichtspflichten besser im Zusammenhang lesen zu können. Häufig finden sich in diesem Abschnitt auch Definitionen. Weitere Definitionen der fett und kursiv gedruckten Begriffe finden sich im Glossar.

2.2 Zusammenspiel mit anderen ESRS

Nach der Beschreibung der Ziele folgt ein Abschnitt über die Interaktion mit anderen ESRS. Hier wird auf Synergien zwischen und Überschneidungen mit anderen Standards hingewiesen.
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