05001 Der Weg zur nachhaltigen Unternehmensführung
Über kurz oder lang müssen sich alle Unternehmen – auch KMU (!) – mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Denn es geht um ihre Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit. Es gilt, die Perspektive der Nachhaltigkeit als selbstverständliche Basis in den unternehmerischen Alltag zu integrieren. Je nach Ausgangslage, wahrgenommenem Marktbedarf und vorherrschender Unternehmenskultur kann in jedem Unternehmen ein höherer Reifegrad erreicht werden. Dieser Beitrag zeigt – gut illustriert anhand eines Beispielunternehmens – einen Weg über drei Stufen hin zu einer konsequent nachhaltigen Unternehmensführung auf. von: |
1 Einleitung – ist das Glas halbvoll oder halbleer?
Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit
Im vergangenen Jahrzehnt ließ sich Deutschland als bisheriger Exportweltmeister grüner Technologien in den Bereichen Energieerzeugung, Energie- und Ressourceneffizienz, Mobilität usw. von China überholen. Dabei haben wir es hier mit wachsenden Zukunftsmärkten zu tun. Dass nachhaltige Unternehmensführung etwas mit Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit zu tun hat, ist zudem durch die sprunghaft gestiegenen regulatorischen Anforderungen deutlich geworden. Es wurde bereits in den vergangenen Jahrzehnten über den Nutzen von Umweltmanagementsystemen und Umweltinformationssystemen sehr viel geschrieben. Dennoch verfügen noch immer längst nicht alle Unternehmen über ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem nach der Norm ISO 14001: Weltweit sind es rund 530.000 Unternehmen – verglichen mit weit über einer Million Unternehmen, die nach der internationalen Norm zum Qualitätsmanagement ISO 9001 zertifiziert sind. In Deutschland dürften etwa 13.000 Unternehmen über eine Zertifizierung nach ISO 14001 verfügen (Zahlen nach [1] ).
Im vergangenen Jahrzehnt ließ sich Deutschland als bisheriger Exportweltmeister grüner Technologien in den Bereichen Energieerzeugung, Energie- und Ressourceneffizienz, Mobilität usw. von China überholen. Dabei haben wir es hier mit wachsenden Zukunftsmärkten zu tun. Dass nachhaltige Unternehmensführung etwas mit Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit zu tun hat, ist zudem durch die sprunghaft gestiegenen regulatorischen Anforderungen deutlich geworden. Es wurde bereits in den vergangenen Jahrzehnten über den Nutzen von Umweltmanagementsystemen und Umweltinformationssystemen sehr viel geschrieben. Dennoch verfügen noch immer längst nicht alle Unternehmen über ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem nach der Norm ISO 14001: Weltweit sind es rund 530.000 Unternehmen – verglichen mit weit über einer Million Unternehmen, die nach der internationalen Norm zum Qualitätsmanagement ISO 9001 zertifiziert sind. In Deutschland dürften etwa 13.000 Unternehmen über eine Zertifizierung nach ISO 14001 verfügen (Zahlen nach [1] ).
Wenn nun etwa 15.000 Unternehmen nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichtspflichtig werden und somit Strategien und Kennzahlen in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit offenlegen müssen, wird die Lücke deutlich. Denn ein Umweltmanagementsystem böte durch seine Orientierung auf Ziele, Prozesse und Kennzahlen eine solide Grundlage auch für die CSRD-Berichtspflicht.
Ziele und Kennzahlen
Viele Unternehmen verfügen im Bereich Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement noch nicht über konkret definierte Ziele oder wirklich gute Kennzahlen. Nehmen wir die chemische Industrie als Beispiel: Dem dritten Fortschrittsbericht der Nachhaltigkeitsinitiative der deutschen Chemieindustrie zufolge (Chemie3, Stand 2022) haben zwar 85 Prozent der befragten Unternehmen bereits Nachhaltigkeitsziele definiert. Doch nur etwas mehr als die Hälfte von ihnen kommuniziert diese Ziele auch öffentlich. Überhaupt berichtet nur rund die Hälfte der Chemieunternehmen öffentlich über Maßnahmen und Fortschritte auf dem Weg zum nachhaltigen Wirtschaften. Und lediglich ein knappes Drittel der Unternehmen erfassen Treibhausgasemissionen in der Lieferkette, also mindestens eine Kategorie der Scope-3-Emissionen aus dem Greenhouse-Gas-Protokoll [2] . Ungeachtet eines Bekenntnisses zur Nachhaltigkeit bereiten also deren strategische und operative Umsetzung unter Einbezug indirekter Umweltaspekte und die Fortschrittsmessung noch erhebliche Schwierigkeiten. Dieser Nachholbedarf bei Zielen und Kennzahlen zeigt sich derzeit gerade bei großen Unternehmen (mit mehr als 250 Mitarbeitenden bzw. 50 Millionen Euro Jahresumsatz), die der CSRD-Berichtspflicht unterfallen.
Viele Unternehmen verfügen im Bereich Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement noch nicht über konkret definierte Ziele oder wirklich gute Kennzahlen. Nehmen wir die chemische Industrie als Beispiel: Dem dritten Fortschrittsbericht der Nachhaltigkeitsinitiative der deutschen Chemieindustrie zufolge (Chemie3, Stand 2022) haben zwar 85 Prozent der befragten Unternehmen bereits Nachhaltigkeitsziele definiert. Doch nur etwas mehr als die Hälfte von ihnen kommuniziert diese Ziele auch öffentlich. Überhaupt berichtet nur rund die Hälfte der Chemieunternehmen öffentlich über Maßnahmen und Fortschritte auf dem Weg zum nachhaltigen Wirtschaften. Und lediglich ein knappes Drittel der Unternehmen erfassen Treibhausgasemissionen in der Lieferkette, also mindestens eine Kategorie der Scope-3-Emissionen aus dem Greenhouse-Gas-Protokoll [2] . Ungeachtet eines Bekenntnisses zur Nachhaltigkeit bereiten also deren strategische und operative Umsetzung unter Einbezug indirekter Umweltaspekte und die Fortschrittsmessung noch erhebliche Schwierigkeiten. Dieser Nachholbedarf bei Zielen und Kennzahlen zeigt sich derzeit gerade bei großen Unternehmen (mit mehr als 250 Mitarbeitenden bzw. 50 Millionen Euro Jahresumsatz), die der CSRD-Berichtspflicht unterfallen.
Gesetzliche Anforderungen steigen
Währenddessen steigen die gesetzlichen Anforderungen weiter. Auch die Nachfrage nach entsprechenden Informationen am Markt nimmt zu. Führende Unternehmen machen sich bereits Gedanken über die Umsetzung eines Digitalen Produktpasses (DPP), der auch eine umweltbezogene Leistungserklärung umfassen kann. Des Weiteren steht die Green Claims Directive in Aussicht, die irreführende oder nicht nachweisbare Umweltaussagen bekämpfen helfen soll – allerdings wird es damit gerade für kleine und mittelständische Unternehmen sehr aufwändig und teuer, rechtssichere Umweltaussagen für ihre Produkte auszuloben. In den nächsten Jahren wird das Thema nachhaltige Unternehmensführung und insbesondere produktbezogene Kommunikation wesentlich sein, um Kunden und Mitarbeiter zu halten und um Kreditgeber und Investoren zu überzeugen.
Währenddessen steigen die gesetzlichen Anforderungen weiter. Auch die Nachfrage nach entsprechenden Informationen am Markt nimmt zu. Führende Unternehmen machen sich bereits Gedanken über die Umsetzung eines Digitalen Produktpasses (DPP), der auch eine umweltbezogene Leistungserklärung umfassen kann. Des Weiteren steht die Green Claims Directive in Aussicht, die irreführende oder nicht nachweisbare Umweltaussagen bekämpfen helfen soll – allerdings wird es damit gerade für kleine und mittelständische Unternehmen sehr aufwändig und teuer, rechtssichere Umweltaussagen für ihre Produkte auszuloben. In den nächsten Jahren wird das Thema nachhaltige Unternehmensführung und insbesondere produktbezogene Kommunikation wesentlich sein, um Kunden und Mitarbeiter zu halten und um Kreditgeber und Investoren zu überzeugen.
Nutzen und Aufwand
Doch zum einen wird der Nutzen einer nachhaltigen Unternehmensführung zu oft auf Werbung mit ökologischen Themen verkürzt. Zum anderen wird ein hoher bürokratischer Aufwand erwartet. Dabei ist nachhaltige Unternehmensführung im Grunde eher eine Frage der Kultur im Unternehmen und am Markt. Ob ein Unternehmen den Wandel überhaupt umsetzen kann und will, hängt von Überzeugungen und Kompetenzen ab. Das betrifft sowohl das Know-how Einzelner als auch die Zusammenarbeit zwischen Funktionsbereichen.
Doch zum einen wird der Nutzen einer nachhaltigen Unternehmensführung zu oft auf Werbung mit ökologischen Themen verkürzt. Zum anderen wird ein hoher bürokratischer Aufwand erwartet. Dabei ist nachhaltige Unternehmensführung im Grunde eher eine Frage der Kultur im Unternehmen und am Markt. Ob ein Unternehmen den Wandel überhaupt umsetzen kann und will, hängt von Überzeugungen und Kompetenzen ab. Das betrifft sowohl das Know-how Einzelner als auch die Zusammenarbeit zwischen Funktionsbereichen.
Streben nach dem nächsthöheren Entwicklungsstand
Insofern ist die Situation bei der nachhaltigen Unternehmensführung nicht anders als bei der digitalen Transformation: Ehe nicht ein Bestreben nach dem nächsthöheren Entwicklungsstand und ein Verständnis für dessen Anforderungen besteht, wird ein Unternehmen sich nicht auf den Weg machen. Kurzfristige und nicht durchdachte Maßnahmen schaden sogar eher. Neben dem verschenkten Aufwand bleibt dann oft auch der Erfolg am Markt aus. Erst nach einer Standortbestimmung kann also die Route zum nächsten Gipfel gezielt geplant werden.
Insofern ist die Situation bei der nachhaltigen Unternehmensführung nicht anders als bei der digitalen Transformation: Ehe nicht ein Bestreben nach dem nächsthöheren Entwicklungsstand und ein Verständnis für dessen Anforderungen besteht, wird ein Unternehmen sich nicht auf den Weg machen. Kurzfristige und nicht durchdachte Maßnahmen schaden sogar eher. Neben dem verschenkten Aufwand bleibt dann oft auch der Erfolg am Markt aus. Erst nach einer Standortbestimmung kann also die Route zum nächsten Gipfel gezielt geplant werden.
Entwicklungsstufen
Dem Stufenmodell (s. Abb. 1) können Sie entnehmen, wie diese Route aussehen mag und welche Zwischenstationen es geben könnte. Wo stehen Sie gerade mit Ihrem Unternehmen? Ordnen Sie sich zunächst grob in Stufe 1–3 ein und steigen Sie mit dem für Sie interessanten Handlungsfeld (A–C) einfach quer mit dem Lesen ein.
Dem Stufenmodell (s. Abb. 1) können Sie entnehmen, wie diese Route aussehen mag und welche Zwischenstationen es geben könnte. Wo stehen Sie gerade mit Ihrem Unternehmen? Ordnen Sie sich zunächst grob in Stufe 1–3 ein und steigen Sie mit dem für Sie interessanten Handlungsfeld (A–C) einfach quer mit dem Lesen ein.
Als durchlaufendes Beispiel dient ein mittelständischer Hersteller von Schmierstoffen, das fiktive Unternehmen Coolubri GmbH. Die geschilderten Ereignisse beruhen auf wahren Begebenheiten in der Branche. Sämtliche Daten und Kennzahlen sind vereinfachte Anhaltswerte. Die Berechnungen und Grafiken wurden mit dem Tool Ecochain [3] erstellt und dienen nur zur qualitativen Darstellung der Auswertemöglichkeiten. Für jede Entwicklungsstufe werden die Voraussetzungen in Bezug auf Umweltinformationssysteme und die erweiterte Prozesskostenrechnung aufgezeigt.
Abb. 1: Übersicht über die Entwicklungsstufen und Handlungsfelder
2 Ausgangslage bei der Coolubri GmbH
Beispielunternehmen
Das fiktive mittelständische Unternehmen Coolubri GmbH mit 150 Mitarbeitenden stellt Schmieröle und Druckflüssigkeiten für die Mobilhydraulik sowie Kühlschmierstoffe und Schmierfette für Industriekunden her. Coolubri blickt auf eine lange Firmengeschichte zurück und wird traditionell konservativ geführt. Die Geschäftsführerin legt gegenüber ihren Gesellschaftern Rechenschaft ab und orientiert sich bislang ausschließlich am finanziellen Erfolg des Unternehmens. Um in dem hart umkämpften Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, setzt sie auf günstige Preise je Liter Schmieröl. Durch Modernisierung der Anlagen konnten in den vergangenen Jahren Einsparungen beim Energieverbrauch erzielt werden. Auch die Personaldecke ist dank schlanker Strukturen bereits weitgehend optimiert.
Das fiktive mittelständische Unternehmen Coolubri GmbH mit 150 Mitarbeitenden stellt Schmieröle und Druckflüssigkeiten für die Mobilhydraulik sowie Kühlschmierstoffe und Schmierfette für Industriekunden her. Coolubri blickt auf eine lange Firmengeschichte zurück und wird traditionell konservativ geführt. Die Geschäftsführerin legt gegenüber ihren Gesellschaftern Rechenschaft ab und orientiert sich bislang ausschließlich am finanziellen Erfolg des Unternehmens. Um in dem hart umkämpften Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, setzt sie auf günstige Preise je Liter Schmieröl. Durch Modernisierung der Anlagen konnten in den vergangenen Jahren Einsparungen beim Energieverbrauch erzielt werden. Auch die Personaldecke ist dank schlanker Strukturen bereits weitgehend optimiert.
Hohe Auslastung, Preisdruck, Fachkräftemangel
Die eigentlich erfreulich gute Auftragslage bei einem zehnprozentigen Wachstum in den letzten Jahren bedeutet, dass das Unternehmen mit dem Kerngeschäft bereits ausgelastet – und mit den vielfältigen regulatorischen Anforderungen teils überlastet – ist. Der stete Preisdruck gefährdet die Profitabilität des Unternehmens. Es scheint kaum mehr Potenzial für größere Effizienzgewinne zu geben. Und der Spielraum für zukunftsorientierte Investitionen in Personal und IT ist schmerzhaft begrenzt. Das macht sich bereits als Fachkräftemangel bemerkbar: Der Standort des Stammwerks im Schwarzwald ist zwar landschaftlich reizvoll, aber nicht attraktiv für High Potentials aus den umliegenden Ballungsräumen.
Die eigentlich erfreulich gute Auftragslage bei einem zehnprozentigen Wachstum in den letzten Jahren bedeutet, dass das Unternehmen mit dem Kerngeschäft bereits ausgelastet – und mit den vielfältigen regulatorischen Anforderungen teils überlastet – ist. Der stete Preisdruck gefährdet die Profitabilität des Unternehmens. Es scheint kaum mehr Potenzial für größere Effizienzgewinne zu geben. Und der Spielraum für zukunftsorientierte Investitionen in Personal und IT ist schmerzhaft begrenzt. Das macht sich bereits als Fachkräftemangel bemerkbar: Der Standort des Stammwerks im Schwarzwald ist zwar landschaftlich reizvoll, aber nicht attraktiv für High Potentials aus den umliegenden Ballungsräumen.
2.1 Stufe 1: Rechtskonformität und Risikomanagement
Am Beginn des Weges zur nachhaltigen Unternehmensführung stehen die Erhaltung der Rechtskonformität und das Management von Risiken im Vordergrund. Es geht um die Sicherung des Marktes und des finanziellen Erfolgs. Auch bei der Coolubri GmbH beobachtet man seit Langem die einschlägigen Regulierungen und arbeitet in Fachverbänden mit. Alleinstellungsmerkmale können entstehen, indem diese Aufgaben nicht mehr nur als Pflichterfüllung verstanden werden, sondern innovativ und gestalterisch gelöst werden. Aus der zweckmäßigen Zusammenarbeit mit Mitbewerbern kann somit eine positive Differenzierung entstehen.