02401 Kreislaufwirtschaft
Dieser Beitrag bietet einen tiefen Einblick in die Kreislaufwirtschaft und deren Bedeutung für Unternehmen und Nachhaltigkeitsstrategien. Der Text beginnt mit der Beschreibung der linearen Wirtschaftsweise und ihrer negativen ökologischen Auswirkungen, gefolgt von der Vorstellung der Kreislaufwirtschaft als Lösung. Es wird erklärt, wie Unternehmen durch ressourcenschonende Prozesse und zukunftsorientiertes Produktdesign langfristig ökonomische Vorteile sichern können. Neben der Einführung von Fachbegriffen wird ausführlich beschrieben, welche strukturellen Voraussetzungen in den Bereichen Management, Produktion und Infrastruktur notwendig sind. Auch digitale Innovationen wie der digitale Produktpass und ihre Rolle in der Kreislaufwirtschaft werden besprochen. Abschließend thematisiert der Beitrag den regulatorischen Rahmen und den Zusammenhang zwischen Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeitsmanagement. von: |
1 Einleitung
Gemäß dem Statistischen Bundesamt sind im Jahr 2021 im Durchschnitt in Deutschland 12,1 kg Elektroabfälle und im Jahr 2022 438 kg Haushaltsabfälle pro Einwohner angefallen (s. Abb. 1 und s. Abb. 2). Das Einsparpotenzial an Rohstoffen und Treibhausgasen wäre z. B. bei den Elektrogeräten enorm, so die Studie des NGO-Netzwerks „cool products for a cool planet”, in dem auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) vertreten ist [1] . Die Studie zeigt: Würde die Lebensdauer aller Waschmaschinen, Notebooks, Staubsauger und Smartphones in der EU nur um ein Jahr verlängert werden, so ließen sich bis 2030 jährlich rund vier Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) einsparen. Das entspricht dem Ausstoß von mehr als zwei Millionen Autos pro Jahr. Die Einsparung von Primärrohstoffen ist noch nicht berücksichtigt.
Abb. 1: Haushaltsabfälle 2021 [2]
Abb. 2: Elektroabfallmenge: Entwicklung in den EU-Ländern (interaktive Grafik von destatis [3] )
Der Ursprung des verschwenderischen Handels begann mit der Industrialisierung in den 1830er-Jahren. Damals wurde begonnen, die Rohstoffe massenhaft zu verarbeiten. Dies stieg mit der Hochindustrialisierung zwischen 1870 und 1910 weiter an.
Kunststoff wird serientauglich
In den 1950er-Jahren wurde mit der Erfindung des Kunststoffs, die industrielle Serienproduktion weiter vorangetrieben. Dieser synthetisch hergestellte Werkstoff fand in allen Lebensbereichen Anwendung. In dieser Zeit wurde auch der Begriff „Wegwerfgesellschaft” geprägt. Dies beschreibt, dass Produkte und Materialien in großem Umfang hergestellt, konsumiert und anschließend achtlos weggeworfen wurden. Eine Wiederverwertung gab es kaum. Der Neukauf war teilweise kostengünstiger als die Reparatur. Die Müllberge und Umweltbelastungen stiegen dramatisch an.
In den 1950er-Jahren wurde mit der Erfindung des Kunststoffs, die industrielle Serienproduktion weiter vorangetrieben. Dieser synthetisch hergestellte Werkstoff fand in allen Lebensbereichen Anwendung. In dieser Zeit wurde auch der Begriff „Wegwerfgesellschaft” geprägt. Dies beschreibt, dass Produkte und Materialien in großem Umfang hergestellt, konsumiert und anschließend achtlos weggeworfen wurden. Eine Wiederverwertung gab es kaum. Der Neukauf war teilweise kostengünstiger als die Reparatur. Die Müllberge und Umweltbelastungen stiegen dramatisch an.
Zurück zur Nachhaltigkeit
In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz bei den Verbrauchern stark gewandelt. In den 1990er-Jahren führte der britische Wirtschaftswissenschaftler David W. Pearce die Idee der Kreislaufwirtschaft ein. Der Gedanke bestand darin, den Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu reduzieren und die Nutzung umweltfreundlicher Technologien zu fördern. Dieses System gewann bei den Verbrauchern aufgrund der steigenden Umweltbelastung immer mehr an Bedeutung. Initiativen zur Förderung von Recycling, Wiederverwendung, Reparatur und nachhaltigem Konsum nahmen kontinuierlich zu. Anbei allgemeine Trends und Tendenzen:
In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz bei den Verbrauchern stark gewandelt. In den 1990er-Jahren führte der britische Wirtschaftswissenschaftler David W. Pearce die Idee der Kreislaufwirtschaft ein. Der Gedanke bestand darin, den Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu reduzieren und die Nutzung umweltfreundlicher Technologien zu fördern. Dieses System gewann bei den Verbrauchern aufgrund der steigenden Umweltbelastung immer mehr an Bedeutung. Initiativen zur Förderung von Recycling, Wiederverwendung, Reparatur und nachhaltigem Konsum nahmen kontinuierlich zu. Anbei allgemeine Trends und Tendenzen:
• | Steigendes Verantwortungsbewusstsein: Verbraucher möchten aktiv zur Lösung von Umweltproblemen beitragen. Anstatt Produkte zu kaufen, die nur eine begrenzte Lebensdauer haben, bevorzugen die Verbraucher heute Produkte, die recycelbar sind oder aus recycelten Materialien hergestellt werden. |
• | Unterstützung nachhaltiger Unternehmen: Immer mehr Verbraucher interessieren sich für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Sie suchen nach Möglichkeiten, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern und sind bereit, umweltfreundlichere Optionen zu wählen. Es werden Unternehmen bevorzugt, die umweltfreundliche Herstellungs- und Entsorgungsverfahren verwenden und sich für die Schonung der Ressourcen einsetzen. |
• | Vertrauen in Marken: Verbraucher suchen aktiv nach Unternehmen, die eine glaubwürdige und transparente Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen und in die Kreislaufwirtschaft investieren. |
Wandel der Unternehmensausrichtung
Dieser Wandel der Kundenanforderungen zu langlebigen und recycelbaren Produkten hat Auswirkungen auf die Unternehmen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, müssen Unternehmen ihre Lieferketten, Produktionsprozesse und Produkte überdenken (s. Abb. 3). Sie müssen verstärkt in umweltfreundliche Materialien sowie Technologien investieren und den Lebenszyklus ihrer Produkte mit der späteren Entsorgung berücksichtigen.
Abb. 3: Logistik von der Rohstofflieferung bis zum Recycling
Dieser Wandel der Kundenanforderungen zu langlebigen und recycelbaren Produkten hat Auswirkungen auf die Unternehmen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, müssen Unternehmen ihre Lieferketten, Produktionsprozesse und Produkte überdenken (s. Abb. 3). Sie müssen verstärkt in umweltfreundliche Materialien sowie Technologien investieren und den Lebenszyklus ihrer Produkte mit der späteren Entsorgung berücksichtigen.
1.1 Von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft
Die Linearwirtschaft war bis in die 1990er-Jahre das vorherrschende Wirtschaftssystem. Das Modell beruhte auf kontinuierlichem Wachstum, bei dem Ressourcen jeglicher Art bedenkenlos genutzt wurden. Produkte wurden produziert, verwendet und am Ende ihres Lebenszyklus ohne Beachtung einfach weggeworfen, nach dem Prinzip „Take-Make-Waste” (s. Abb. 4). Dieses lineare Modell hat in der Vergangenheit zu einer übermäßigen Ausbeutung von natürlichen Ressourcen geführt und eine große Menge an Abfall und Umweltverschmutzung verursacht.
Abb. 4: Take-Make-Waste
Ressourcenkreislauf
Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft ist die Kreislaufwirtschaft (engl. Circular Economy) ein Modell, in dem Produkte, Materialien und Ressourcen nach dem Prinzip „Reduce-Reuse-Recycle” in einem geschlossenen Kreislauf gehalten werden, damit diese so lange wie möglich genutzt werden können (s. Abb. 5). Das Ziel ist,
Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft ist die Kreislaufwirtschaft (engl. Circular Economy) ein Modell, in dem Produkte, Materialien und Ressourcen nach dem Prinzip „Reduce-Reuse-Recycle” in einem geschlossenen Kreislauf gehalten werden, damit diese so lange wie möglich genutzt werden können (s. Abb. 5). Das Ziel ist,
• | Material und Energiebedarf sowie die Menge an Abfall zu minimieren, |
• | eine mehrfache Verwendung von Produkten anzustreben bzw. |
• | diese einer neuen Verwendung zuzuordnen, |
anstatt nach Gebrauch zu entsorgen.
Abb. 5: Reduce-Reuse-Recycle
Im Mittelpunkt steht die gesamte Wertschöpfungskette inklusive des kompletten Produktlebenszyklus. Dies beinhaltet
• | die Rohstoffgewinnung, |
• | das Produktdesign, |
• | die Herstellung von Komponenten bis zum Endprodukt, |
• | die Verwendung der Produkte und |
• | das anschließende Recycling von Materialien. |
Rohstoffabhängigkeit reduzieren
Im Idealfall werden in der Entwurfsphase geeignete Rohstoffe und Zusammensetzungen ausgewählt, um eine möglichst lange Lebensdauer, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit zu erreichen. Dies ermöglicht am Ende ihrer Lebensdauer die Wiederverwendung, Aufarbeitung oder Rückführung von Produkten in den Materialkreislauf. Dafür müssen Produkt- und Dienstleistungssysteme angepasst werden, was neue Geschäftsmodelle eröffnet. Die Kreislaufwirtschaft trägt zur Verringerung der Umweltbelastung und zur Schonung der natürlichen Ressourcen bei.
Im Idealfall werden in der Entwurfsphase geeignete Rohstoffe und Zusammensetzungen ausgewählt, um eine möglichst lange Lebensdauer, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit zu erreichen. Dies ermöglicht am Ende ihrer Lebensdauer die Wiederverwendung, Aufarbeitung oder Rückführung von Produkten in den Materialkreislauf. Dafür müssen Produkt- und Dienstleistungssysteme angepasst werden, was neue Geschäftsmodelle eröffnet. Die Kreislaufwirtschaft trägt zur Verringerung der Umweltbelastung und zur Schonung der natürlichen Ressourcen bei.
2 Fachbegriffe Kreislaufwirtschaft
In diesem Abschnitt werden Ihnen Fachbegriffe erläutert, um ein besseres Verständnis für das Thema Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen:
Cradle-to-Cradle: Dies ist eine Designphilosophie, bei der Produkte so entworfen werden, dass sie nach ihrem Lebenszyklus entweder komplett biologisch abbaubar sind oder als Rohstoffe für neue Produkte dienen, wie es z. B. in der Textilindustrie zur Anwendung kommt.
Circular Design: Dieser Ansatz, auch Eco-Design genannt, hat das Ziel, Produkte so zu entwickeln, dass sie umweltfreundlich, langlebig, wiederverwendbar, reparierbar und einfach recycelbar sind.
Recycling: Dies ist eine Wiederaufbereitung von weggeworfenen Wertstoffen zu einem neuen Produkt. Das ursprüngliche Produkt wird zerstört (zerkleinert oder eingeschmolzen) und dadurch wird ein neuer Wertstoff zur Herstellung von neuen Produkten gewonnen, z. B. die PET-Kunststoffflasche (PET steht für Polyethylenterephtalat).
Recyclingquote: Das ist das Verhältnis der recycelten Rohstoffe oder Produkte zur Gesamtmenge, die verwendet wird. Der Wert liegt zwischen 0 und 100 %.
Ressourceneffizienz: Unternehmen müssen ihren Fokus vom Rohstofflieferanten über die effiziente Nutzung aller Ressourcen in der Produktion bis hin zur Wiederverwertung oder Entsorgung der Produkte erweitern. Six-Sigma oder Lean-Prinzipien kommen zur Anwendung, um Verschwendungen zu vermeiden.
EPR (Extended Producer Responsibility): ein Konzept, bei dem Hersteller die Verantwortung für die gesamte Lebensdauer ihrer Produkte übernehmen, einschließlich der Entsorgung und des Recyclings.
Biomimikry: Das ist die Anwendung von Prinzipien aus der Natur, um nachhaltige Lösungen für Produkte und Systeme zu entwickeln. Zum Beispiel wurde der japanische Hochgeschwindigkeitszug „Shinkansen” nach dem Vorbild des Schnabels eines Eisvogels nachgebildet, um so Energie zu sparen.
Sekundärrohstoffe: Materialien, die aus recycelten Produkten oder Abfällen gewonnen und erneut in den Produktionsprozess eingeführt werden.
Remanufacturing (auch Refurbishment genannt, Wiederaufbereitung): Das ist der Prozess, in dem Produkte oder Komponenten nach ihrer Nutzung wiederhergestellt und in einen Zustand gebracht werden, der dem Neuzustand nahekommt, z. B. reparieren, aufbereiten, reinigen.
Upcycling: Das Wort setzt sich aus dem Englischen „Up” für „nach oben” und „Cycling” für „Wiederverwertung” zusammen und bezieht sich auf die erneute Nutzung von Materialien oder Komponenten aus einem Produkt, nachdem es seine ursprüngliche Verwendung beendet hat. Zum Beispiel werden aus alten Holztransportplatten Gartenmöbel, alten Segeltüchern Rucksäcke, Jacken, Taschen oder aus alten Fahrradmänteln neue hochwertige Gürtel und Geldbeutel gefertigt (s. Abb. 6).
Abb. 6: Vom Fahrradmantel zum Gürtel
Downcycling: Darunter ist eine Wiederaufbereitung von Materialien zu verstehen, wobei jedoch nicht die ursprüngliche Qualität erhalten bleibt. Dies bedeutet, dass eine Abwertung (engl. „down”) der Materialien stattfindet.
Reutilization (Wiederverwertung): Ähnlich wie beim Upcycling handelt es sich bei der Reutilization um eine Form des Recyclings, bei dem bestimmte Komponenten oder Materialien eines Produkts gewonnen und in einem neuen Kontext wiederverwertet werden. Zum Beispiel die Wiederverwendung von Holz eines alten Möbelstücks zum Bau neuer Objekte wie zu einem Vintage-Regalboden.
Reuse (Wiederverwendung): Dies bezieht sich auf die Verwendung eines Produkts oder eines Gegenstands mehrfach, ohne dass es verändert oder umgewandelt wird. Der Gegenstand behält seine ursprüngliche Form und Funktion bei. Ein praktisches Beispiel für Reuse ist, wenn jemand einen Glasbehälter, der ursprünglich zur Aufbewahrung von Marmelade verwendet wurde, säubert und wiederverwendet, um darin andere Gegenstände aufzubewahren.
Anmerkung: Obwohl die beiden Begriffe auf ähnlichen Konzepten beruhen, bezieht sich „Reuse” mehr auf die erneute Verwendung eines gesamten Produkts, während „Reutilization” das Ziel der Wiederverwendung von Komponenten oder Materialien eines Produkts hat.
Lebensdauerverlängerung: Verlängerung der Nutzungszeit von Produkten durch Reparatur oder vorbeugende Wartung (engl. Preventive Maintenance)
3 Vorteile der Kreislaufwirtschaft
Auf dem Weg zu einer grünen Zukunft
Kreislaufwirtschaft bietet mehrere ökologische Vorteile im Vergleich zu der linearen Wirtschaft. Nachfolgend einschlägige Argumente (s. Abb. 7):
Kreislaufwirtschaft bietet mehrere ökologische Vorteile im Vergleich zu der linearen Wirtschaft. Nachfolgend einschlägige Argumente (s. Abb. 7):